VeRa 025 Krieg und Frieden

Die Zahl bewaffneter Konflikte weltweit steigt kontinuierlich an, auch in Ländern des globalen Nordens sind Krieg und Terror wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt: bewaffnete Auseinandersetzungen auch in Europa, Terroranschläge, Waffenexporte, militärische Aufrüstung vor der eigenen Haustür sind nur einige von vielen Themen die uns täglich begegnen. Die Redaktion von VeRa (verquer Radio) beschäftigt sich in zwei Sendungen mit dem Thema der entwicklungspolitischen Tage 2016: Krieg und Frieden, Frieden und Krieg und allem was dazwischen liegt.
Eine Sendung mit globalen und lokalen Perspektiven, spannenden Gesprächen, kritischen Fragen und thematischer Musik.

Sendungsnotizen zum Nachlesen:

00:00:00 Intro & Devendra Banhart – Heard somebody say

00:00:50 Überblick über die Sendung

00:01:55 über den 1. Song der Sendung

Devendra Banhart –  heard somebody say (that the war ended today) – der amerikanisch-venezolanische Folk-Sänger gilt als Anführer einer popmusikalischen Erweckungsbewegung namens „Freak Folk“ und verdeutlicht in seinem 2005 veröffentlichten Song die Haltung der Friedensbewegung. “Es ist einfach, wir wollen nicht töten.”

00:02:20 Friedlichste Zeit ever?!

00:05:00 Leben wir wirklich in den friedlichsten Zeiten seit Menschengedenken?

Über 5 der 7,3 Milliarden Menschen auf der Erde leben in Staaten, in denen es bewaffnete Konflikte gibt:

Afghanistan, Ägypten, Armenien, Aserbaidschan, Äthiopien, Burundi, Tibet, Xinjiang, Georgien, Indien, Irak, Jemen, Kaschmir, Kolumbien, Demokrat. Rep. Kongo, Kosovo, Türkei, Libanon, Libyen, Mali, Mexiko, Myanmar, Mosambik, Nagorny-Karabach, Israel & Palästina, Nigeria, Tschetschenien, Pakistan, Philippinen, Simbabwe, Somalia, Südsudan, Thailand, Darfur, Syrien, Tadschikistan, Tschad, Tunesien, Ukraine, Zentralafrikanische Republik.

00:06:02 Musik: The Angelcy – My Baby Boy

The Angelcy – politische Folkmusikgruppe aus Tel Aviv, die sich selbst als Sprachrohr einer ganzen Generation junger, liberaler Israelis sieht. Ihr größter Hit: Baby Boy – verdeutlicht die Verbitterung über die zahlreichen Kriege und den Militärdienst.

00.06:35 Über die Bedeutung der Bundeswehr.

Die Bundeswehr und ihre Werbestrategien seit Aussetzung der Wehrpflicht

Vor 60 Jahren, im Juli 1956 trat das Wehrpflichtgesetz der Budensrepublik Deutschland in Kraft.
Mit dem Eintritt in die NATO hatte Deutschland die Verpflichtung, an internationalen Verteidigungsaufgaben teilzunehmen. Die sogenannte Wiederbewaffnung Deutschlands stieß innerhalb des Landes auf viel Kritik: die Kirchen, Gewerkschaften und die SPD protestierten ausgiebig gegen die Einführung der Wehrpflicht. Bundeskanzler Konrad Adenauer setzte sich allerdings durch und am 1. April 1957 traten die ersten Wehrpflichtigen ihren Dienst an.
“Artikel 12a GG Wehrpflicht und Ersatzdienst
Absatz (1): Männer können vom vollendeten achtzehnten Lebensjahr an zum Dienst in den Streitkräften, im Bundesgrenzschutz oder in einem Zivilschutzverband verpflichtet werden. “
Die Zahl der Wehrdienstleistenden erreichte 1977 mit fast 250.000 Personen ihren Höchststand, 2008 lag sie nur noch bei 60.000 Personen. Im Oktober 2016 umfasst die Bundeswehr insg. 176.162 aktive Soldaten und Soldatinnen,darunter allerfings nur 8.410 Freiwillig Wehrdienstleistende – so wenig Soldaten und Soldatinnen wie noch nie.
Die kleiner werdenden Zahlen der Wehrdienstleistenden haben u.a. mit der Aussetzung der Wehrpflicht zu tun:
Seit Juli 2011 ist die Bundeswehr durch die Aussetzung der Wehrpflicht zur reinen Freiwilligenarmee geworden. Begründung war, dass die Wehrpflicht sicherheitspolitisch und militärisch nicht mehr zeitgemäß sei.
Die Bundesregierung schreibt in den Verteidigungspolitischen Richtlinien vom Mai 2011 auch: “Mit der Aussetzung der Einberufung von Wehrpflichtigen zum Grundwehrdienst entfällt ein wichtiges Rekrutierungselement”. Also muss sich die BW fortan neue Möglichkeiten überlegen, um an Nachwuchs für die Freiwilligenarmee zu kommen. – es gibt keinen automatischen kontinuierlichen Nachschub. 110 Karriereberatungsbüros der Bundeswehr, bis zu 200 mobile Büros und 16 sog. Karrierecenter gibt es bundesweit. Dazu noch für jedes Zentrum der Nachwuchsgewinnung acht Messestände und weitere Infomobile und Trucks.

Als ich Abi machte, entschied sich aus meinem Jahrgang die Mehrheit der Jungs für einen Zivildienst. Lediglich ein Gespräch ist mir in Erinnerung geblieben: Eine Schulkameradin überlegte Sportsoldatin zu werden, um auf diesem Wege weiter und – in ihren Augen unkompliziert und mit nachhaltiger Perspektive– ihren Sport trainieren zu können. Manche widerum entschieden sich für ein Medizinstudium bei der BW, wenn zB ihr Abiturschnitt nicht für ein Studium an der staatlichen Uni reichte.
“Sichere Jobs in unsicheren Zeiten” – Auf meiner Suche im Netz finde ich noch mehr Slogans und Strategien der BW, Nachwuchs zu rekrutieren…
– Die Bravo vom 30.Mai 2014 bewirbt als Sommer-Highlight das Bundeswehr Adventure Camp: Fünf Tage auf Sardinien, hinter den Kulissen der BW an einem Nato-Stützpunkt. Die Soldatinnen und Soldaten mit Fragen löchern, Ausbildungsübungen hautnah miterleben und Team-Work Challenges! → Palmen, Strand und Fotos fröhlicher Menschen bei einer Beach-Party. Bilder, die ich so nicht unbedingt mit der BW in Verbindung bringen würde.
Moment mal.
Die Werbung kommt ohne Bilder aus tatsächlichen Krisengebieten oder anderen Stützpunkten aus – das Camp will aber für die BW werben ?? Auch im Sommer 2012 wird für die Teilnahme eines ähnlichen Abenteuer-Camps geworben. – tolle Preise abkassieren, und am Gewinnspiel für das BW-Camp teilnehmen…
→ Für beide Werbe-Kampagnen in der BRAVO wurde die BW in den jeweiligen Jahren hart kritisiert, u.a. von Terre des hommes und dem Deutschen Bündnis Kindersoldaten. Terre des Hommes kritisiert an der Bravo-Kampagne v.a., die Ausblendung der Kriegsrealität. Die Werbung für das Action-Camp zeige nicht die tatsächlichen Gefahren wie Tod, Traumatisierung und die eventuelle Befehlsauflage Menschen zu töten, mit denen Menschen bei der Budneswehr konfrontiert würden. Das Berufsbild Soldat oder Soldatin würde verharmlost und zu einem lockeren Freizeitspaß bagatellisiert.
Dass diese Werbung für die Kernleserschaft der BRAVO suggeriert, Budneswehreinsätze wären Ferienabenteuer, ist v.a. unter dem Hintergrund eines Zusatzprotokolls der Kinderrechtskonvention interessant. Dieses schreibt vor, dass Deutschland keine Minderjährigen für die Armee anwerben darf, wenn sie nicht mindestens 17 Jahre alt sind, und über die mit dem Militärdienst verbundenen Pflichten umfassend aufgeklärt”. Die Kernleserschaft der Bravo ist 12-17 Jahre alt, und fällt somit zu einem Großteil unter den Schutz dieses Zusatzprotokolls.

00:11:37 Musik: Marlene Dietrich – sag mir wo die Blumen sind

00:11:53 Fortsetzung Beitrag zur Bundeswehr

Auch die Kampagne der BW “Mach was wirklich zählt” bediente sich – man möchte sagen – fröhlichen Bildern, die auch in der Bravo verwendet wurden: Die Karriere bei der BW als Abenteuer, sich selbst ausprobieren…und v.a. Gutes und Wichtiges tun.
Mit in den Augen der Kampagne allerdings verschwiegenen Fakten zur Bundeswehr aufräumen, möchte eine Gruppe der sog. “PopulistInnen” auf Auf einer Website, die das Layout der BW-Werbekampagne imitiert und auch unter dem Namen “machwaszaehlt.de” aufrufbar ist.
Die Kooperation aus dem Peng! Collective und dem Schauspiel Dortmund hat im November 2015 mit einem Budget von gerade einmal 100€ der              aufwendigen Rekrutierungskampagne der Bundeswehr, eine informationsgeladene Seite entgegengesetzt. Dort heißt es: “Geht es nicht auch noch um was anderes? Die Ausbildung zum Töten? Die Gefahr, selbst getötet zu werden? Traumata und dauerhafte psychische Schäden durch den Horror von Krieg und
Gewalt? “ verschiedene von der BW verschwiegene Fakten und deren Quellen werden aufgezeigt, etwa:
– die Anzahl der laufenden BW-Einsätze im Ausland
– Informationen über in solchen Einsätzen getötete SoldatInnen und Soldaten
– Statistiken über das Aufkommen psychischer Erkrankungen nach und während BW-Einsätzen
– oder: Untersuchungen und Ergebnisse zur Gleichberechtigung von Frauen in der BW
Das Studium der Quellen zeigt: So feucht-fröhlich wie in den Kampagnen dargestellt muss eine Karriere bei der Bundeswehr nicht sein! Natürlich gibt es viele Definitionen von Abenteuer, und manche mag eine ehrliche Aufklärung über die vielschichtigen Konsequenzen bei der BW nicht davon abhalten, eine Karriere dort anzustreben. Wichtig ist jedoch, umfangreich aufzuklären und nicht zu verschweigen, welche Schattenseiten es im Dienst der BW gibt.

Trotz des Rückgangs der Freiwilligen in der BW steht Ursula von der Leyen nach wie vor hinter der Aussetzung der Wehrpflicht. Sie setzt nun auf die BW als guten Arbeitgeber auf dem freien Arbeitsmarkt. Sie nennt es die neue “Agenda Attraktivität”.
Wenn ich mir die aktuellen Werbevideos der Bundeswehr ansehe, dann merke ich: ein guter Arbeitsgeber, wie Frau von der Leyen ihn sich vorstellt, muss anscheinend helfen “die eigenen Stärken zu finden, ans Limit zu gehen, und dir ECHTE Verantwortung auferlegen”…. Vielfach wurde bereits kritisiert, dass die Werbung der Bundeswehr nach der Aussetzung der Wehrpflicht sprichwörtlich abenteuerlicher wurden. Aber, darf die BW Abenteuer nennen, was auch KRIEG sein kann? Werden Rekruten auch über mögliche Gefahren und Folgen aufgeklärt, wenn sie einmal die Ausbildung angetreten haben?
Vielleicht gibt die Youtube-Serie DIE REKRUTEN ja – wie versprochen – tatsächlich Einblicke in den Alltag der Freiwilligen bei der Budneswehr in Stralsund. Ab dem 1.Nov. Geht die Web-Serie als von der BW selbst so genannte “Reality-Doku” online – Täglich ein Video aus dem Alltag der Rekruten.
Auf der machwaszaehlt-Seite der PopulIstInnen wirbt das Kollektiv dann übrigens noch mit in ihren Augen wirklich sinnvollen Ausbildungsberufen abseits der Budneswehr, wie zB LehrerIn, Erzieherin, KrankenpflegerIn, Ärtzin, Arbeit mit Geflühteten, bei der Feuerwehr. Denn, auch hier wartet die Chance Stärken zu entdecken, ans Limit zu gehen. Und v.a.:
Verantowortung zu übernehmen.

00:15:30 Musik: The Plastic Ono Band (John Lennon & Yoko Ono): Give peace a chance – aufgenommen zu Zeiten der Protestaktionen „Bed-Ins“ im „Queen Elizabeth Hotel“ in Montreal am 1. Juni 1969.

00:16:10 EP-Tage Überblick & Veranstaltungstipps

Überblick über die entwicklungspolitischen Tage 2016

Das Thema der entwicklungspolitischen Tage, „Krieg und Frieden“, ist auch das Thema der heutigen und der nächsten Sendung. Die entwicklungspolitischen Tage, kurz EP-Tage, sind sozusagen DIE landesweite Veranstaltungsreihe zu entwicklungspolitischen Themen und
finden jährlich im Herbst stattfindet. Getragen wird das Ganze von einem Bündnis aus Vereinen und Initiativen, die mit der Öffentlichkeit ins Gespräch kommen wollen – dieses Jahr eben zum Thema Krieg und Frieden. Dabei sollen verschiedene lokale und globale Perspektiven beleuchtet werden: z.B. unser Umgang mit Schutzsuchenden und vor Krieg
Geflohenen, unser Beitrag zu Fluchtursachen wie z.B. der Verkauf von Rüstungsgütern in anderen Ländern oder die Privatisierung und Zerstörung von Ressourcen und Lebensgrundlagen weltweit. Die EP-Tage wollen eine weltgesellschaftliche Perspektive der Zivilgesellschaft anregen und fragen, wie „wir Zusammenhalt stärken können und was wir für den Frieden – bei uns und weltweit – tun können“?
Um all das zu diskutieren und einige Antworten zu finden, gibt es im ganzen Land vom 01. bis 22.11. spannende Veranstaltungen in allen möglichen Formaten: Vorträge, Ausstellungen, Filme, Workshops und vieles mehr. Hier mal eine kleine Vorschau mit 4 ausgewählten VA-Tipps für Greifswald:
Der erste Tipp ist ein Vortrag. Die Veranstaltung richtet ihren Blick auf einen Krieg, der eigentlich der größte unserer Zeit ist, denn er hält seit 1996 an und forderte bereits 5 Mio. Todesopfer, und zwar in der demokratischen Republik Kongo – eins der ressourcenreichsten aber auch ärmsten Länder der Erde. Desirée Ruppen und Kirsten Meuer werden die
Zusammenhänge von Krieg und natürlichen Ressourcen in dem Land vorstellen. Das Ganze findet am 02.11. um 19 Uhr im Koeppenhaus statt.
Am 03.11. kommt der Rüstungsexperte Jüren Grässlin nach Greifswald und wird aus seinem Buch „Schwarzbuch Waffenhandel“ vorlesen, in dem er den Aufstieg der BRD zum drittgrößten Rüstungsexporteur der Welt beschreibt. Es soll diskutiert werden, z.B. auch darüber, wie sich das auf Länder des globalen Südens auswirkt. 20 Uhr startet die Veranstaltung im IKuWo in der Goethestraße 1.
Um die politische Situation in Weißrussland, die alles andere als friedlich ist, geht es in einem Spielfilm nach einer wahren Geschichte in der ein Musiker ins Visier der Geheimpolizei gerät. Gezeigt wird der Film am Freitag, 04.11. um 21 im Koeppenhaus in Originalsprache mit englischen Untertiteln. Wer sich vorher noch umfassender informieren und
einen weißrussichen Aktivisten treffen möchte, kann schon zu 18 Uhr zu seinem Vortrag mit dem Titel „Belarus – die letzte Diktatur Europas?“ ins Koeppenhaus kommen.
In einer Stuhlreihe sitzen und lange zuhören oder zugucken soll man bei dieser Veranstaltung nicht: Es soll um Begegnung und Kennen lernen gehen, wenn geflüchtete Greifswalder_innen Bilder und Geschichten aus Syrien mit euch teilen. Die VA „Von Syrien nach Greifswald“ findet im Begegnungszentrum MOLE in der Gustebiner Wende 4 statt, und startet am 06.11. um 15 Uhr.
Mehr Veranstaltungstipps aus dem Programm der Entwicklungspolitischen Tage bringen wir euch zur nächsten VeRa-Sendung am 09. November mit.

00:20:30 Musik: Bob Dylan – Masters of war – der amerikanische Folksänger protestiert gegen die Kriegstreiber und Waffenaufrüstung der 60er Jahre.

00:20:50 Waffenhandel

00:23:31 Syrische Musik: Fia

00:28:35 “dual use” Güter

00:29:27 Ashtar Theatre & Syrische Monologe

00:35:40 Musik: John Lennon – Imagine Vision einer Gesellschaft frei von Religionen, Nationalismus und Privateigentum. Das Lied gilt als Hymne der Friedensbewegung.

00:35:50 Veranstaltungstipps Ashtar Theatre

Das Ashtar Theatre kommt während der Entwicklungspolitischen Tage auch nach Greifswald und zwar für einen 6-tägigen Workshop beim Studententheater Greifswald. Es wird eine Forumtheater-Produktion entstehen, die auf Improvisation und persönlichen Geschichten und Erfahrungen von Geflüchteten und deutschen sowie palästinensischen Menschen beruhen soll. Die Methodik richtet sich nach dem sog. „Theater der Unterdrückten“. Aufgeführt wird das Ganze dann auch, einmal am 13.11. in Anklam und nochmal am 15.11. in Greifswald. Es sind immer noch Plätze frei für den Workshop vom 07. Bis 13.11.! Wer sich diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen will, meldet sich unter evs@straze.de

00:36:28 Was können wir für den Frieden tun? – Gespräch

00:41:28 Ausblick auf die nächste Sendung

00:42:20 Musik: Edwin Star – War 1969: Antikriegssong als Protest gegen den Vietnamkrieg